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Brenne nicht aus – sondern für etwas!

Es war nicht der große Knall, kein völliger Zusammenbruch. Kein Arzt, der das Wort Burnout in den Raum stellte. Es war die schlichte Frage: „Wie viele Stunden arbeitest du eigentlich pro Woche?“, die mir vor einigen Jahren die Augen geöffnet hat. Ich habe überlegt und ehrlich nachgerechnet. Das Ergebnis: mindestens 80. Manchmal 90. Und plötzlich war mir klar: So geht das nicht weiter.

Damals war ich noch Lehrerin – und wie viele von euch sicher auch, mittendrin in einer herausfordernden und oft surrealen Corona-Zeit. Der Unterricht fand gerade größtenteils online statt, persönliche Begegnungen mit den Schülerinnen und Schülern fehlten schmerzlich. Vieles lief nur noch digital, anonym, ohne echtes Feedback oder sichtbare Entwicklung. Ich hatte oft das Gefühl, im luftleeren Raum zu arbeiten – präsent zu sein, aber innerlich zunehmend auf Abstand. Besonders hart hat mich ein Satz aus der Schulleitung getroffen: „Wir können ja froh sein, dass wir überhaupt noch einen Job haben.“ Ja, schon klar, aber… Es war ein sehr großes „Aber“. Denn der Lehrberuf, der sonst so viel Sinn stiftet, konnte mir unter diesen Bedingungen einfach nicht das geben, was ihn für mich ausmacht – echte Verbindung, Resonanz, gemeinsames Lernen. In mir entstand die Frage: War das wirklich alles?

Bereits in den Jahren zuvor und immer mehr ist etwas ganz anderes in meinem Leben gewachsen – etwas, das mich ehrlich erfüllt. Ich belebte unseren Reitverein neu. Mit Reitstunden, pferdegestütztem Lern- und Mentaltraining, frühkindlicher Lolino-Reitpädagogik und dem Fokus auf neuromotorischer Förderung. Ich durfte erleben, wie echte Veränderung möglich ist – wie Kinder, Jugendliche und Erwachsene in der Begegnung mit Pferden innerlich wachsen. Es war eine Herzensarbeit. Und es war viel. Vereinsführung, Organisation, Werbung, Umbau, Finanzen – ganz zu schweigen von unseren Hunden, Ziegen, Hühnern und Kaninchen, die ebenfalls Teil meines Alltags waren und sind.

Ich liebte das alles. Aber irgendwann kam ein Punkt, an dem ich gemerkt habe: Ich funktioniere nur noch. Ich bin unterwegs, aber nicht mehr wirklich bei mir. Zum Glück habe ich Menschen in meinem Leben, die mich rechtzeitig gewarnt – und mir eben die richtigen Fragen gestellt haben. Außerdem hatte ich durch meine Ausbildungen im Bereich Mentaltraining, Stressmanagement und Burnout-Prävention ein tiefes Verständnis für mentale Belastungen entwickelt. Ich habe schlussendlich die Reißleine gezogen, bevor es zu spät war.

Wie Markus Väth es mit seinem Buchtitel „Feierabend hab ich, wenn ich tot bin“ so klingend ausdrückt: Wir definieren uns oft über unsere Leistung. Über das, was wir „geschafft“ haben. Und wenn diese Leistung keinen Sinn (mehr) ergibt – oder unser Innerstes nicht erreicht –, geraten wir aus dem Gleichgewicht. Ich habe viel über Arbeit und Sinn nachgedacht. Darüber, was uns nährt – und was uns auszehrt. Denn ich finde es so unglaublich schade, dass viele Menschen ihr Berufsleben so negativ erleben und beschreiben. Sie leben von einem Wochenende zum nächsten, zählen die Tage bis zur Urlaubswoche – oder gar bis zur Pension. Und ich glaube: Es ist nicht die Menge an Aufgaben, die uns auf Dauer belastet. Es ist das Fehlen von Sinn und Resonanz. Wenn wir das Gefühl verlieren, dass unsere Tätigkeit wirkt – dass sie etwas zum Positiven verändert –, dann wird sie zur Last.

Heute sehe ich meine Arbeit anders. Ich engagiere mich weiterhin mit Herzblut – ob hier im Bildungsinstitut, in meinem Reitverein oder in unserem Hilfsprojekt Harambee in Kenia. Ich arbeite sehr gerne und viel. Aber ich höre inzwischen genauer hin: auf mein Bauchgefühl, auf meine innere Stimme, auf die kleinen Warnzeichen. Und: Ich habe mein „Warum“ gefunden.

Ich wünsche euch, dass auch ihr diesen inneren Kompass spürt. Dass ihr rechtzeitig merkt, wann etwas zu viel wird – oder zu wenig Sinn macht. Wenn ihr in eurem Beruf nicht das Maß an Erfüllung erlebt, das ihr euch wünscht, dann schaut euch um: Vielleicht liegt euer Sinn nicht nur in dem, was ihr täglich tut, sondern auch in einer Nebentätigkeit, einer Ausbildung, einem neuen Standbein oder einer ehrenamtlichen Aufgabe. Manchmal beginnt Veränderung im Kleinen – mit einer Idee, einer Sehnsucht, einem Herzenswunsch.

Eins habe ich dabei gelernt: Der Sinn liegt nicht nach der Arbeit – er ist vielmehr der Wegweiser für die Arbeit. Und wenn wir ihm folgen, finden wir nicht nur Erfüllung, sondern auch uns selbst wieder.

Herzliche Grüße

Sarah Eidler

1 Kommentar
  1. Katharina sagte:

    Hervorragend geschrieben. Danke für diesen Einblick. Auch bei mir ist während der Pandemie das Umdenken und die Veränderung in eine ganz andere Richtung gekommen. Das Wort Burnout hat auch bei mir keiner erwähnt – aber wenn man morgens ins Frühstück reinheult, weil es nicht mehr machbar ist, in die Arbeit zu gehen, weil man nur noch erschöpft ist, dann schrillen doch alle Alarmglocken.
    FÜR etwas zu brennen ist doch viel besser als nur zu brennen. 🙃

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