60 Gramm Energie
Die ganze Welt ist auf Energie angewiesen. Um Energiereserven werden Kriege geführt und es wird gefeilscht, und der Mensch ist da überhaupt keine Ausnahme. Wir sagen – „Ich hab heute Energie zum Bäume ausreißen“ – viel öfter aber – „Ich hab heute überhaupt keine Energie!
Wir wissen heute so ziemlich alles darüber, wie der Körper Energie gewinnt und wo, und wir wissen auch, wie er diese Energie speichert. Nämlich in körpereigenen Batterien.
Diese Batterien heißen ATP (falls Sie mal irgendwo angeben wollen, abgekürzt von Adenosintriphosphat). Denn es wäre höchst unpraktisch, wenn wir bei jedem Anfall von – jetzt räume ich mal meinen Schreibtisch auf – zuerst mal produzieren müssten. Da macht es der Körper wie wir bei einem elektronischen Gerät – Batterie einlegen.
Aber nicht nur für unsere Aktivitäten aller Art braucht es Energie. Jedes Klimpern mit den Augenlidern, jeder Herzschlag, jeder Atemzug, jeder Gedanke und jeder Tropfen Urin – Leben also, brauchen Energie. Mehr als jeder Leistungssport, mehr als stundenlanges Fitnessstudio. Man nennt dies den Grundumsatz. Und wenn wir zu rein gar nichts Lust haben und uns nicht aufraffen können, dann liegt dies immer daran, dass der Körper aus unterschiedlichen Gründen seinen Grundumsatz senkt, weil er nicht genug Energie zur Verfügung gestellt bekommen hat.
Energie ist auch im Körper Stromfluss. Wir wissen heute, dass sich innerhalb und außerhalb der Zelle, jeder einzelnen Zelle, kleine Ionen befinden, die durch speziell dafür vorgesehen Kanäle hin und her flutschen und dabei eben winzige Mengen Strom erzeugen. Winzig ist hierbei allerdings relativ. Jeder einzige dieser Ministromquellen erzeugt zwar nur 100 Millivolt, zusammengenommen sind dies aber 30 Millionen Volt pro Meter. In unseren Zellen fließt also 1000mal mehr Strom als in unserem Haushalt. Und dann wird es verbraucht oder gespeichert, denn unser Körper ist eine kleine Stadt mit 70 Billionen Einwohnern (Zellen).
Jeden Tag produzieren und verbrauchen wir ATP, also Batterien, im Umfang des eigenen Körpergewichtes. Oder ich zitiere Bill Bryson: „Aus Sicht des ATP ist der Mensch eigentlich nur eine Maschine zur ATP-Produktion, alles andere ist Nebensache.“
Da wir diese gigantischen Mengen aber praktisch immer sofort verbrauchen, ist in jedem einzelnen Augenblick nur immer die Menge von 60 Gramm ATP vorrätig.
Entdeckt wurde das alles übrigens von Peter Mitchell, der dafür 1978 den Nobelpreis erhielt.
Gerade im Hinblick auf die immer weiter sich ausbreitende Erkrankung des ME/CFS, dem chronischen Erschöpfungssyndrom, gewinnen die Erkenntnissen um unsere Energieerzeugung und Speicherung derzeit wieder vermehrt Interesse.
Herzlichst
Dr. h.c. Gabriela Vonwald







