Der Nutzen einer Krankheit
Zugegeben, das klingt zunächst einmal absurd. Husten, der einen die ganze Nacht wach hält, Fieber, Durchfall, Erbrechen oder juckende Haut, Kopfschmerzen, Magenschmerzen, überhaupt Schmerzen, tagelang kann man das Haus nicht verlassen. So schlapp, dass man nur liegen möchte. Was bitte soll daran gut sein?
So lästig Krankheiten auch sind und so sehr wir auch darunter leiden, im großen Zusammenhang des Lebens haben sie eine wichtige Funktion, sie bringen, wenn man sie denn durchlebt hat, einen wichtigen neuen Entwicklungsschritt mit, nicht nur bei Kindern. Eltern können bestätigen – nach einer Krankheit hat sich ein Kind weiter entwickelt, hat eine neue Stufe erklommen, kann plötzlich Dinge, die es vorher nicht konnte. Daher werden die meisten Kinder auch knapp vor solch einem neuen Entwicklungsschritt krank, vor dem ersten Zahn, vor dem Laufen lernen, bevor sie zu sprechen anfangen. Vielleicht oder sicher sogar ist es einfach unglaublich anstrengend, wenn man eigentlich mehr können möchte als man schon kann, vielleicht raubt es unseren Kleinen das innere Gleichgewicht und macht dadurch anfälliger für Krankheiten.
Aber gilt dies auch für Erwachsene?
Nun sicher nicht mehr in dem Ausmaß wie bei kleinen Kindern. Aber vielleicht haben Sie das ja auch schon mal gespürt – wenn man eine Krankheit hinter sich gelassen hat, fühlt man sich wie innerlich gereinigt, wie neugeboren, Energie geladen. Dinge, die man schon lange vor sich hergeschoben hat, packt man plötzlich an. Man putzt, fängt wieder mit Sport an oder versucht sich an etwas Neuem. Hat wieder Lust zu lesen oder seinem Hobby nachzugehen.
Geht mir selbst gerade so nach einer wirklich schweren Bronchitis.
Und wenn ich so zurück rechne – diese Lustlosigkeit und Lethargie, das Gefühl, es wird mir alles zu viel, schlechter Schlaf, ständiges Unwohlsein – das alles kam lange Zeit vor dem eigentlichen Ausbruch der Krankheit. Oder sollte ich besser sagen, bis ich Mensch endlich krank wurde, um hinzuschauen, mir Ruhe zu gönnen, egoistisch mal nur an mich zu denken – also alles Dinge, die einem eine Krankheit ja auch sagt und aufzwingt.
Und noch etwas ist mir diesmal stark aufgefallen. Einige der schon chronischen Beschwerden wurden durch die akute Erkrankung ebenfalls verbessert. Seit Monaten kämpfe ich mit Übelkeit und Leberproblemen. Jetzt nach 3 Wochen akut krank – alles weg.
Und rückblickend passt es genau ins TCM-Schema. Ich bin seit Monaten sehr oft um 2 Uhr aufgewacht – Leberzeit. Dazu passend – Erschöpfung, Übelkeit, Hautjucken. Dann kam die akute Bronchitis – Hustenanfälle um 4 Uhr früh, dass ich dachte, jetzt muss der Notarzt her. Und schließlich – Darmprobleme. Und genau so arbeitet man sich dann auch zurück. Also – Darmsanierung.
Ganz allgemein lernen wir durch Krankheiten auch ein gewisses Maß an Leid zu ertragen, eine höhere Frustrationstoleranz, Geduld (genau mein Thema). Die Bewältigung einer Krise und die Erfahrung, solch eine Herausforderung durchzustehen, ist immer ausgesprochen hilfreich für das weitere Leben und gibt Vertrauen in die eigenen Kräfte.
Was jetzt nicht heißt, dass ich mir gleich die nächste Krankheit wünsche, aber durch diese akute jetzt fühle ich mich nach Monaten endlich wieder „heil“. Und ich denke, mein Immunsystem ist jetzt in einem großartigen Trainingszustand.