Freunde + Preise = Freundschaftspreis?

Alle selbständigen Unternehmer/innen stehen am Anfang vor einem Phänomen, das vor allem in helfenden Berufen und für Frauen ein echtes Problem darstellt, wollen wir Frauen doch meistens als lieb und nett wahrgenommen werden. Die Frage, die sich früher oder später stellt, wie gehe ich mit Freunden um, die als Kunde kommen? Was verrechne ich da? Bei einem reinen Warenaustausch geht es ja noch irgendwie, aber bei Dienstleistung?

Und dann kommt er irgendwann, der Freundschaftspreis.

Bevor wir weiter darüber diskutieren, ob und wie sinnvoll das ist, lassen Sie mich einHuckepacke Geschichte erzählen aus der Zeit, da meine Töchter noch klein waren:

Meine jüngere Tochter, damals vier Jahre alt, hört ein Gespräch mit, das ich am Telefon führe und in diesem Gespräch fällt auch das Wort „Freundschaftspreis“. Und als ich auflege, fragt sie mich, was denn das sei. Ich erkläre, dass gute Freunde – damals war ich noch aktiv als Masseurin mit eigener Praxis – weniger bezahlen würden, eben, weil es gute Freunde seien. Sie denkt nach und erklärt mir dann: „Das finde ich nicht gut. Deine guten Freunde wissen doch, wie gut du massieren kannst und dass wir das Geld dringend brauchen, die müssten dir dann doch eigentlich mehr zahlen als alle anderen.“

Kindermund, aber doch so wahr.

Ich weiß, wenn man am Anfang steht, froh ist über jeden Kunden, dann ist man im Überschwang und weil man wirklich nicht weiß, wie man damit umgehen soll, geneigt, immer wieder seine Dienstleistung mit Rabatt anzubieten. Viel Rabatt, weil doch gute Freunde. Und manchmal bringen die dann auch noch Freunde mit, die ebenfalls weniger zahlen. Nach einer Weile, wenn sich der Terminkalender füllt, merkt man dann aber, so viele Freunde, so wenige voll zahlende Kunden, man arbeitet, verausgabt sich, ist erschöpft, kommt aber trotzdem nicht auf einen grünen Zweig, weil die Anfangskalkulation ja eine ganz andere war. Wir alle würfeln unsere Preise ja nicht, sondern haben das genau kalkuliert. Die guten Freunde springen ja auch meistens nicht mit den Mietzahlungen ein. Und für jeden, der 25% weniger zahlt, kann ich einen Vollzahler weniger betreuen. Und nach Jahren dann den Freunden erklären, jetzt geht es nicht mehr, das ist wohl auch keine Lösung.

Ich halte es bis heute so, dass ich meine Leistung lieber verschenke, als Rabatte zu geben (Rabatte für alle ja, das sind Aktionsangebote, aber nicht für bestimmte Menschen). Ein Geschenk kommt von Herzen, Rabatte sind ein Geschäftsmodell. Aber ich biete auch Waren an, und da bin ich dann schon mal großzügig, verschenke mal eins meiner Bücher oder ein ätherisches Öl. Bei einem Produkt steckt keine Leistung von mir drin, keine Zeit, keine Energie, kein Wissen, es ist nur ein Gegenstand.

Und manchmal, wenn ich direkt gefragt wurde, hab ich dann schon mal die Geschichte meiner kleinen Tochter erzählt mit den abschließenden Worten: „Aber keine Angst, du als gute Freundin musst trotzdem nicht mehr zahlen.“

Freundschaft sollte doch mehr sein als Rabatte, oder? Dafür haben meine guten Freunde auch mal ohne Anmeldung Termine bekommen, auch sonntags und spät abends. Und immer ein offenes Ohr. Meine Freunde sind nämlich meine Freunde und nicht nur Schnäppchenjäger.