Bakterien, die eigentlichen Herrscher der Welt
Sie faszinieren mich einfach, diese kleinen Kerle. Und immer wieder, wenn ich mich über Gesundheit schlau mache, was nachlese, mich für einen Vortrag vorbereite, stolpere ich wieder über sie – Bakterien. Was macht ein Bakterium eigentlich zu solch einem erfolgreichen Lebewesen und wie sind die alle denn zu uns herein gekommen?

Bakterien
Die Entwicklung aller höheren Lebewesen hat sich aus Mikroorganismen entwickelt, das wissen wir inzwischen. Bakterien sind Einzeller, sind also älter als wir und daher bringen sie eine Milliarde an Jahren erfolgreiche Evolutionsstrategie mit. Oder anders ausgedrückt:
Bakterien gibt es seit Milliarden Jahren, Antibiotika dagegen erst seit nicht einmal hundert Jahren. Nun, wer wird da wohl gewinnen?
Wie alles begonnen hat, kann man sich ungefähr so vorstellen:
Ein Mikroorganismus hat einen anderen verschluckt, kann ihn aber nicht gut verdauen. Der verschluckte Mikroorganismus ernährt sich von Teilen der Nahrung seines Wirtes, findet das bei genauer Betrachtung gar nicht so schlecht, die Vorteile überwiegen, es gibt weniger Feinde, man muss sich um sein Essen nicht mehr selbst kümmern, man richtet es sich gemütlich ein. Mit der Zeit wurden die Lebewesen, in die man eindringen konnte, immer größer, sie boten Nahrung für Wochen, Monate, Jahre, also ging die Evolution nun in die Richtung, sich einfach schneller zu vermehren. Platz war da, Nahrung auch.
Und tatsächlich ist es ja einer der großen Vorteile, die so ein Bakterium uns gegenüber hat, dass seine Evolution und damit auch Auslese und Anpassung viel schneller verläuft als unsere, im Zeitraffer sozusagen. Aus einem Bakterium werden in 20 Minuten schon zwei, in einem Monat rund 72.000 Generationen. Innerhalb nur weniger Tage kann sich also eine Population drastisch verändern und an neue Umweltbedingungen anpassen. Genau das geschieht ja bei der so genannten Resistenz auf Antibiotika.
Wer sich mal solch eine Bevölkerungsexplosion vorstellen mag: Nach nicht einmal zwei Tagen wäre der gesamte Planet knapp zwei Meter hoch mit Bakterien übersät. Warum das nicht so ist? Schon nach kurzer Zeit geht ihnen die Nahrung aus, daher bleiben sie lieber im Wirt Mensch und der duldet nur eine bestimmte Menge. Wir haben es also im Grunde mit einem sich selbst begrenzenden System zu tun.
Wenden wir uns also mal dem Wirt zu und stellen uns die Frage: Warum erlauben wir es den Bakterien, von uns Besitz zu ergreifen? Was haben wir davon?
Am besten zeigt sich dies bei unseren zahlreichen Darmbakterien. Sie ernähren sich in erster Linie von unseren Nahrungsabfällen. Das ist praktisch, müssen wir doch nicht so viel ausscheiden und können sicher sein, dass immer alles weggeräumt wird und nicht zu faulen anfängt. Außerdem nutzen wir einige der Ausscheidungsprodukte der Bakterien, zum Beispiel Vitamin K und einige der B-Vitamine. Bakterien im Mund verwandeln bei einigen Gemüsesorten oder Weißwein bestimmte Moleküle in schmackhafte Aromastoffe, helfen uns also beim Genießen.
Und schließlich kämpfen Bakterien auch durchaus gegen andere Bakterien, schließlich wollen sie ihren Wirt bei guter Gesundheit halten, der Tisch soll noch einige Jahre reich gedeckt sein. Also werden solche Eindringlinge, die uns als Wirt „kaputt machen“ würden, erfolgreich bekämpft.
Aus Sicht der Bakterien also ist es notwendig, sich ausreichend Menschen als Speisekammer und Wohnstätte zu halten.
Oder wie es der Medizin-Nobelpreisträger Joshua Lederberg sieht: „Der Grund, warum es uns Menschen immer noch gibt, besteht biologisch gesprochen darin, dass Mikroben lebende Wirte für ihr eigenes Überleben brauchen.“
Im Grunde also haben uns die Bakterien domestiziert.
Dies und noch mehr aus der Evolutionsmedizin gibts übrigens bei allen unseren Ausbildungen als Bonusskript dazu.