Nahrungsergänzung – weniger aber richtig

Nahrungsergänzung

Um es gleich voraus zu schicken – ich bin ein Fan von Nahrungsergänzung. Und dies sowohl zur Vorbeugung als auch in bestimmten Fällen zur Heilung begleitend zur Schulmedizin. Und ich halte den typischen Satz jedes/r Ernährungsberater/in – wenn man sich nur ausgewogen ernährt, braucht man das nicht –  einfach nur für hirnlos. Denn da geht man von einem genormten Menschen und einer genormten, 100% richtigen Lebensweise aus. Ich kenne niemanden, der in das Schema passt. Aber – ich bin gegen hohe Einzeldosen in den Händen von Laien.

Ich selbst arbeite seit vielen Jahren mit Nahrungsergänzung. Für den im Grunde gesunden Menschen, der seine Gesundheit erhalten oder leicht verbessern möchte, der Defizite, die ihm bewusst sind, ausgleichen will, zum Beispiel, weil Fisch kein Thema ist, trotzdem der Wert von Omega-3-Fettsäuren erkannt wurde. Zu wenig Eiweiß täglich und keine Zeit, also tuts auch mal ein Shake auf Soja-Basis. Oder der einer Risikogruppe angehört und dieses Risiko nicht einfach aufgeben kann oder will. Stichwort Rauchen, Jetlag, Klimaanlagen, Elektrosmog, Stress.

Und ganz oft werde ich dann mit Produkten von Mitbewerbern konfrontiert, wo einzelne Substanzen (Vitamine, Mineralien, Spurenelemente) doch viiieeel höher dosiert sind. Sind die dann nicht besser?

Ich habe eine 2jährige Ausbildung in Homöopathie absolviert, also die Sache mit den Kügelchen, wo ja nach rein wissenschaftlicher Lehrmeinung „nichts mehr drin ist“. Jeder Homöopath weiß aber, dass dies auch gar nicht notwendig ist, es geht um Information, nicht um Substanz. Und sich die gleichen Nachrichten gleichzeitig auf mehreren Fernsehern anzuschauen, bringt kein Mehr an Information, sondern überfordert nur. Auch bei Nährstoffen geht es nicht immer um ein „Auffüllen der Speicher“, sondern ganz oft darum, dem Körper eine ausgewogene Mischung in einer relativ geringen Dosierung anzubieten. Gerade in Europa leben wir ja nicht in einer Gegend, in der echter Mangel herrscht an Mikronährstoffen und jeder kann es sich auch leisten. Aber ganz oft liegen Substanzen eben nicht in einer für den Körper brauchbaren Form vor, man spricht dann auch von Bioverfügbarkeit. Manche kann der Körper besser verwerten, wenn sie erhitzt wurden (zum Beispiel den sekundären Pflanzenstoff Lykopen aus der Tomate). Andere gehen sehr leicht kaputt, wie Vitamin B9. Manche mögen Licht nicht und manche Wärme nicht. Und ganz oft wirft der eine Mineralstoff den anderen aus der Bahn.

Und IMMER ist es so, wenn ich von einer Einzelsubstanz ganz viel verabreiche, benötige ich dann kompensierend an anderer Stelle auch mehr. Man meint es gut und hat plötzlich eine selbst geschaffene Mangelsituation am anderen Ende der Kette.

Denn unsere Versorgung mit Nährstoffen ist tatsächlich einer Kette  vergleichbar. Und jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Einfach nur mehr Vitamin C oder D bringt daher ganz oft das Gleichgewicht, die Homöostase, des Körpers vollkommen aus dem Takt. Kurzfristig hat man Erfolg, Tage, Wochen oder Monate später aber die nächste Baustelle. Die nette Ernährungsberaterin mit den hochdosierten Einzeldosen ist aber dann oft schon verschwunden.

Ich bin daher – von echten Krankheiten abgesehen – für eine niedrig dosierte und regelmäßige Ergänzung mit den Substanzen, von denen man auf Grund seiner Ess- und Lebensweise zu wenig erwischt, hohe Einzeldosen bei kranken Menschen gehören in die Hände eines Arztes, der das Geschehen dann auch mittels Blutbild begleiten kann.

Messen Sie Ihre Produkte also nicht ständig mit hochdosierten Wundermitteln, möglichst nur im Internet erhältlich. Ein halbwegs gesunder Körper braucht das nicht, er braucht nur manchmal einen kleinen Wegweiser in die richtige Richtung.

Und natürlich – auch die beste Nahrungsergänzung ist auf Dauer kein Ersatz für eine gute abwechslungsreiche Ernährung. Täglich selbst frisch kochen ist wie gute Medizin. Manchmal wirken Nahrungsergänzungen allerdings als kleine Schadensbegrenzung. So gibt die australische Regierung alkoholischen Getränken Vitamin B1 zu. Und wenn schon Rauchen, dann wenigstens mit einer Extraportion Vitamin C.

Aber – das Vitamin, das alles wieder gut macht, was man seinem Körper so antut, das gibt’s nicht. Das muss uns bewusst sein – als Konsument und als Berater.

In unserer Ausbildung „Dipl. Ernährungspädagoge“ ist ein Kapitel übrigens auch den Nahrungsergänzungen gewidmet. Wir verteufeln das also nicht wie viele andere.